Ein Mann aus der Wüste kam nach Medina, ging zu dem Propheten (s.a.s.) und bat ihn um einen guten Rat. "Zügle deinen Zorn", sagte der Prophet und schwieg. Der Mann kehrte zu seinem Stamm zurück. Dort erfuhr er, daß sich in seiner Abwesenheit ein wichtiger Vorfall ereignet hatte: Junge Männer seines Stammes hatten das Eigentum eines anderen Stammes geraubt, und die Angehörigen des betreffenden Stammes hatten sich dafür gerächt. Allmählich war eine ernste Lage entstanden. Beide Stämme hatten sich auf einen Krieg vorbereitet und waren in Stellung gegangen. Die empörende Nachricht brachte ihn auf. Er nahm seine Waffe, schloß sich dem Kämpfenden seines Stammes an und bekundete seine Bereitschaft mitzumachen.
Doch währenddessen fiel ihm ein, was er in Medina erlebt hatte. Er erinnerte sich an die Worte des Propheten, der ihm geraten hatte, seinen Zorn zu zügeln. "Was hat mich so in Erregung versetzt? Warum habe ich sofort nach der Waffe gegriffen? Weshalb bin ich bereit, zu töten und getötet zu werden? Ist es nicht an der Zeit, jene Worte in die Tat umzusetzen?", überlegte er.
Er trat vor, rief die Anführer der Gegenseite zu sich und fragte: "Warum streiten wir uns? Wenn es darum geht, den Überfall unserer dummen, jungen Männer wiedergutzumachen, bin ich bereit, die Wiedergutmachung aus meinem eigenen Vermögen zu leisten. Das ist kein Grund, aneinanderzugeraten und Blut zu vergießen." Die vernünftigen und nachsichtigen Worte dieses Mannes erweckten in seinen Gegnern das Ehrgefühl. "Da wollen wir dir nicht nachstehen. Wenn es so ist, verzichten wir auf unsere Ansprüche", sagten sie. So kehrten die Kriegsgegner zu ihren Stämmen zurück.Quelle: Usul al-Kafi, Band 2, S. 404
Auszug aus dem Buch: "Geschichten der Rechtschaffenen", Ajatollah Morteza Motahhari, Botschaft der Islamischen Republik Iran, Presse- und Kulturabteilung, Bonn, Juli 1985